Du bist mein Goldmund

Esmeralda de Luna erzählt von ihrem ersten Escort-Date – da haben sich zwei gefunden!

 

 

 

Diese Stadt ist eine einzige Fundgrube. Und meist frage ich mich, ob ich die Dinge finde oder ob sie mich finden? So ist es auch bei einem Date für mich. Wenn es passt. Und wenn es ein gegenseitiges Sich-Finden ist. Meine Gedanken schweifen ab. Ich erinnere mich an einen Abend mit einem ganz besonderen Date. Mit meinem ersten Hetaera-Date…

Er hat mich höflich, fast schon förmlich in der Hotelbar, empfangen. Ein Handschlag zur Begrüßung. Ein Buch, das er mir in die Hände legt. Narziss und Goldmund, von Hesse, in das er die Geldscheine ordentlich gelegt hat. Und die Frage, wann unsere gemeinsame Zeit zu laufen beginnt.

 

“Jetzt”, sage ich. “Jetzt!”, füge ich mit einem Lächeln hinzu.

“Achso! Jetzt!”, lacht er mit mir mit.

 

Er massiert mir liebevoll in der Sauna den Nacken, meinen Rücken, meine feuchten Lenden, bevor wir barfuß und halbnackt über die Hotelflure laufen, wie kleine Kinder, verspielt und lustvoll. Vertraut. “Wie alte Schulfreunde“, schreibt er später in einer Mail an mich. Als wir außer Puste und selig lachend in seinem Hotelzimmer angekommen sind, zünde ich eine Kerze an und bewundere die Uhu-Feder, die in seinem Rucksack steckt. Es fühlt sich tatsächlich so an, als würden wir uns schon eine kleine Ewigkeit kennen. Dabei sind erst 30 gemeinsame Minuten vergangen.

Wir beginnen uns zu küssen und zu liebkosen, es ist ein ganz langsamer, tantrischer Sex. Eine Vereinigung wie in Zeitlupe. Berührung um Berührung, weich, lang, weit. Atmen.

 

Als wir später eine Pause machen, Erdbeeren und Bananen essen, da lobe ich ihn dafür, dass er so einen wundervollen Obstkorb bereitstellen lassen hat. Er hat ihn selbst zusammengestellt, erzählt er mir, nachdem der vom Hotel bereitgestellte Obstkorb ihm zu mickrig war. “Ich bin losgegangen und habe noch etwas Obst besorgt”, erklärt er mir. Ich staune! Mein Date ist gar nicht auf die Idee gekommen, den Korb zu reklamieren und vom Hotel mehr Obst einzufordern. “Den musst Du hinterher noch reklamieren”, sage ich ihm. “Mach ein Foto von deinem tollen Obstkorb. Die können das hier besser. Du musst sie nur daran erinnern.”

Aber ich finde es äusserst sympathisch, dass er sich selbst darum gekümmert hat, dass er einkaufen war, dass ihm unser gemeinsames Treffen das wohl wert ist. Und doch scheint er nicht die Person zu sein, die mutig einfordert. Später, als wir uns schreiben, sendet er mir diese Zeilen: “… irgendwie scheint es so, dass ich wirklich für die große Obstschale kämpfen muss und mir das Leben erst einmal immer nur die Kleine gibt.”

JA! Auf jeden Fall! Aber kämpfen? Nein! Erlaube es Dir einfach und hab Vertrauen in die Fülle. Lass Dir alles geben! Du bist es ja so sehr wert! Die Obstkörbe dieser Welt warten an allen Ecken! Besonders in Berlin. Sie warten auf diejenigen, die daran glauben, dass es sie gibt. Kleine und manchmal auch große Sinnlichkeiten. Überraschungen. Kostbarkeiten! Hier findest Du sie. So, als wären sie extra hierher gekommen, damit nur Du sie entdeckst. Und Du kannst sie einfach liegen lassen und weitergehen und sagen: “Danke. Aber nein. Das ist mir viel zu klein. Sicher ein Missverständnis. Ich möchte etwas Anderes, Edleres, Schöneres, das genau zu mir passt. Ich will mehr!” Oder Du sagst: “Das ist etwas klein. Aber ich mache etwas Gutes daraus.” Beides geht. Je nachdem, wonach Dir gerade ist.

Ich glaube nur an große Obstkörbe. Daher konnte es ja auch garnicht anders sein, als dass mein Date mir einen wundervollen Obstkorb bereitet hat. Ich glaube daran, dass jeder Moment genau richtig und ein Geschenk ist. So, wie all die Dinge, die ich finde. So, wie mein erstes Date mich gefunden hat. Er ist ein ewig Suchender. Er ist mein Goldmund.

 

“Ich weiß nicht, was Du für mich bist?”, schreibt er mir hinterher in einer Nachricht.

“Das kannst Du dir aussuchen!”, antworte ich ihm.

 

Und ich hoffe, er entscheidet sich für etwas Großes. Etwas Magisches! Für die Fülle!
“Nur noch große Obstkörbe!”, schreibe ich ihm ein paar Tage später und sende ihm ein Bild von einem gigantischen Obstkorb, den ich in einem Kaufhaus entdeckt und fotografiert habe.

Die Sonne ist fast untergegangen und hüllt die Stadt in ein sattes, rot goldenes Licht. Ich ziehe mich gleich an, schminke mir die Augen silbern und flechte mein langes, schweres Haar. Es ist Zeit, hinauszugehen. Ich freue mich schon auf unser nächstes Date. Ich freue mich auf einen riesig-fetten Obstkorb!

 

Esmeraldas Erster - Esmeralda des Lunas erstes Escortdate

Rachel Ruysch – Still-Life with Fruit and Insects. 1716