Über Dating mit klarem Kopf
Von Arden Callisto
Hallo Du schöner Mensch, hast Du dich jemals gefragt, ob man einmal im Leben ein mehrstündiges Escort-Date in einem 5-Sterne-Hotel gemacht haben muss? Definitiv nein. Von müssen kann überhaupt keine Rede sein. Aber verpasst man etwas, wenn man sein Leben lebt, ohne diese Erfahrung gemacht zu haben?
Non casual dating
Ich habe in meinem Leben natürlich schon Menschen bei sich Zuhause getroffen. Das war meistens spannend. Es ist etwas ganz Besonderes, wenn mich jemand in seine Welt lässt, vor allem, wenn es das erste Mal ist. Ein Vertrauensvorschuss – das ist ein Date ja immer auf beiden Seiten, wenn man sich noch nicht kennt – und ein sehr persönlicher Einblick. Ich habe durchaus ein Herz für gemütliche Dates. Im Bett Comfort Food essen, quatschen, kuscheln und rumvögeln – mega nice.
Eine High Class Escort-Erfahrung ist ein komplett anderer Deal. Kein `ich lasse Dich in meine Welt´ sondern ein `wir begegnen uns auf geheimnisvollem, zauberhaftem, verruchtem Terrain´. Wenn man spontan abends in ein Hotel schneit, kein Gepäck dabei hat und nach einem freien Zimmer fragt, weiß die Person am Empfang ganz genau, was abgeht. Und ich bin dann auf unbestimmte Weise ein bisschen stolz. Ich denke: `Ja, genau, ich bin Prostituierte. Und es ist mir nicht nur egal, ob es jemand checkt – ich hoffe es fast ein bisschen. Ich habe gerade einen super schönen Abend, werde begehrt und kriege zusätzlich eine kleine Aufwandsentschädigung. Wie cool ist das!?´ Dann der Moment, in dem man aus dem Foyer in den Aufzug tritt. Der öffentliche Teil dieses Treffens, das in einem Restaurant begonnen hat, ist vorbei. Und auch wenn man die Diskretion und Intimität des Zimmers noch nicht erreicht hat, weiß man, dass man gleich mit dieser Person allein sein wird. Im Zimmer angekommen bin ich vielleicht ein paar Augenblicke lang etwas geschäftig vor Aufregung. Ich checke die Minibar aus, freue mich über die Snacks, zünde die Duftkerze an und mache uns heißen Tee. Dann schlüpfe ich den Hotel-Bademantel, rücke den Sessel zurecht und mache es mir auf der gepolsterten Bank vor dem Bett gemütlich. Mein Date setzt sich in den Sessel mir gegenüber und ich verlange seine Füße, um sie zu massieren. Das Gespräch versiegt… fast wie alte Freunde sitzen wir dort in total entspannter und gleichzeitig aufgeladener Atmosphäre und hängen beide unseren Gedanken nach… sind versonnen. Und als wir in das riesige Bett mit den sechs Kissen umziehen, freue ich mich wie ein kleines Kind an Weihnachten – wenn man man eine Newbie-Hetäre glücklich macht, dann mit so einem Hotelzimmer.
Tee?!
Ich verlasse das Hotel gegen 3:00 nachts. Stehe auf dem Ku´damm, atme die Luft ein und denke glücklich `nur Huren kennen das wahre Berlin´. Mir ist klar, dass ich romantisiere. Aber nicht nur. Ich habe vor ein paar Jahren aufgehört, Drogen zu konsumieren – auch Alkohol. Früher kam mir eine Nacht im Rausch intensiv vor. Und dann stand ich in den frühen Morgenstunden erschöpft auf irgendeiner Straße, konnte nicht mehr ganz grade laufen und… ja was eigentlich? Ich hab mich nie gefragt, ob ich mir diese berauschte Interaktion nicht auch hätte sparen können. Ich fand eher, dass Begegnungen, auf die man sich nüchtern nicht eingelassen hätte, eine Nacht im Rausch erst komplett machen. Der gemeinsame Rausch führte zu Nähe.
Aber die Nächte, die ich heute erlebe, sind viel intensiver, weil ich alles was passiert ist, wirklich gespürt habe. Ich war bei mir und ich habe (…) nur gemacht, was sich wirklich stimmig angefühlt hat. Hatte eine wertschätzende, ehrliche Begegnung mit echter Nähe. Ich bin ich, Du bist Du und wir comitten beide auf eine Begegnung die sehr viel näher ist als wenn wir uns in einem anderen Kontext getroffen hätten. Diese Nähe bedeutet mir etwas.
Heute bin ich klar. Ich habe gern Sex – entweder weil ich genieße, oder weil ich bezahlt werde – meistens beides gleichzeitig. Ein 9 to 5-Job wäre die wesentlich größere Grenzüberschreitung für mich als Sex für Geld mit einem Fremden.
Die bessere Droge
Die Magie dieser Situation ist besser als jede Droge. Früher habe ich in dunklen Clubs mit Fremden rumgemacht – und fand das irgendwie romantisch. Heute finde ich es romantisch, selbstbewusst mit einem ruhigen, intelligenten, unaufdringlichen Gentleman auf dem Ku´damm in ein Luxus-Hotel einzuchecken und nicht nur keinen F*ck zu geben, was jemand darüber denkt, sondern davon auszugehen, dass jemand der es checkt, es cool findet. Dass der Conscièrge der mich um 3:00 morgens allein das Hotel verlassen sieht, meinen beschwingten Gang wahrnimmt und sich freut, dass wir einen guten Abend hatten. Übrigens auch etwas, das ich cool finde: jetzt genießt mein Lover das riesige Hotelbett und ich genieße den Spaziergang durch die Nacht auf meinen hohen Absätzen und habe einen Briefumschlag voll Bargeld in der Handtasche. Zwei Erwachsene die sich am Ende eines Abends in gegenseitiger Wertschätzung trennen.
Es ist noch nicht wirklich kühl. Die Straße ist noch nass vom Regen. Ich könnte ein Taxi nehmen, aber ich gehe lieber zu Fuß. Ich will nicht, dass der Heimweg so schnell vorbei ist. Will das Ende des Abends, der mit der Ankunft Zuhause vorbei ist, hinauszögern. Ich will den Imprint dieser Begegnung in meinen Gedanken und auf meinen Lippen nachwirken lassen….
Am nächsten Tag eine Mail: Liebe Arden, danke für den Abend.