von Lola Strawinsky

 

 

First Love Is The Deepest, oder

Ich war noch nie in Louisiana aber das Regent tut es auch

 

Es gibt diesen mittlerweile völlig verbrauchten Spruch:

“Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne”

Aber es ist so. Zu dem Hotel, in dem das erste Date stattfand, hat man als Escort, glaube ich, eine ganz besondere Beziehung.
Man kann es sich auch ein bisschen wie bei Alice im Wunderland vorstellen, nur dass der Kaninchenbau die Tür eines Luxushotels ist. Irgendwie magisch. Vielleicht weil es das erste Mal in so vielem ist. Das erste Mal super teure Dessous. Dann die Aufregung. Das erste Mal die Unsicherheit, sich als Hure in der Öffentlichkeit zu bewegen. Denn seien wir ehrlich: Der gesellschaftlich anerkannteste Beruf ist es nicht. Das erste Mal dachte ich wirklich, es muss mir auf die Stirn geschrieben stehen wer ich bin und was ich mache – obwohl ich entgegen aller Klischees keine rot lackierten Highheels, Netzstrümpfe und auch keinen Minirock trug. Ich war nicht mal auffällig geschminkt. Eigentlich trage ich damals wie heute nur Mascara und ein bisschen Lippenstift. Das einzige, was man mir vielleicht vorwerfen könnte: Ich heiße Lola. Tja, ein bisschen Spaß muss sein.

 

 

Fake it till you make it

 

Aber nicht alle Menschen haben Humor. Und besonders, wenn es um exklusive Orte geht und wer dort sein darf und wer nicht, da hat mir mein gesunder Menschenverstand einfach gesagt: Lola Strawinsky, Highclass Hotels sind möglicherweise kein Ort der Offenheit. Wer hier witzig ist, entscheidet das Geld und davon hab ich erst in drei Stunden genug, um mein Selbstbewusstsein auf den Stand zu bringen, auf dem es in meiner Lieblingskneipe ist. Apropo Lieblingskneipe: Wie finde ich die Bar? Und wenn ich die Bar gefunden habe: werde ich den Typen erkennen? Was ist der Verhaltenskodex in dieser Gesellschaftsschicht? Fragen über Fragen.
Um das Resümee vorwegzunehmen: Fake It Till You Make It.
Ich freue mich schon darauf, irgendwann meinen Kindern von diesem Ort und allen darauf folgenden zu erzählen. Oder vielleicht auch erst meinen Enkeln. Eltern sind ja immer ein bisschen peinlich.

Mein erstes Mal war im Regent, und Überraschung –  es ist immer noch eines meiner Lieblingshotels. Mit seinem etwas aus der Zeit gefallenem Südstaaten-Charme ist es ein bisschen wie ein Relikt aus Zeiten des Überflusses. Die Fassade ist erstaunlich geschmacklos, das Innere ist bemerkenswert altmodisch, und wenn es irgendwas nicht ist, dann hip. Würden dicke, alte Männer Zigarre rauchend in den Plüschsesseln der Bar sitzen und Männerkram reden, es wäre die Komplettierung der Szenerie. Wahrscheinlich mag ich es deswegen. Es ist ein bisschen wie eine Zeitreise.

Mein erstes Date in diesem Hotel war absolut kurios, ich denke wirklich oft daran und ohne Details zu verraten:

Es ging um Rasseschweine, Thailand und Massageölhersteller.

Es wurde herzhaft gelacht, Weltherrschaftspläne geschmiedet: Rasseschweine sind sehr intelligente Tiere und werden absolut unterschätzt… und kaum, dass wir auf dem Zimmer waren, schlief der werte Herr selig ein. Natürlich nicht ohne einen zuckersüßen Gutenachtkuss von mir. Ich huschte aus dem Zimmer, auf den Flur, auf dem vielleicht schon Nicole Kidman oder Kylie Minogue rumgetorkelt sind, und suchte kichernd den Fahrstuhl. Ehrlich gesagt ist das etwas, das ich bis heute noch nicht kann: auf Anhieb den Fahrstuhl finden. Apropo Fahrstuhl.

 

 

Gegensätze

 

Irgendwann hatte ich ein Date im Hotel Zoo. Nachdem wir medium gute Drinks in der völlig überfüllten Hotelbar getrunken und im Fahrstuhl nach oben fuhren, ging auf einmal eine Paparazzi Blitzlichtgewitter Lightshow los. Ich stand da und seh mich und den Kunden im Spiegel des Aufzugs und die Lichteffekte haben wirklich jeglichen romantisch-erotischen Moment im Keim erstickt. Es war einfach nur unangenehm. Fühlen sich so Stars? Ich weiß es nicht. Ich will bei einem Date aber auch nicht über sowas nachdenken.

Das Zimmer war modern und, freundlich ausgedrückt, puristisch gestaltet. Auf Anhieb lief Ambient aus einer versteckten Box und ich war froh, dass die Tür zum Klo nicht verglast war. Mein Kunde hat mich diese nicht wirklich sinnliche Umgebung aber schnell vergessen lassen… danke nochmal an dieser Stelle. Manchmal sind Gegensätze ja auch gut.

 

 

Des Lebens Überfluss

 

Das Regent war meinem ersten Mal allerdings absolut dienlich, ich würde sogar fast behaupten, es hat mich als Lola beeinflusst. Das Hotel hat mir dieses amerikanische Selbstvertrauen, diese Leichtigkeit gegeben, die schon in mir geschlummert hat. Und ein bisschen Prunk vielleicht auch. Denn ja – dieser Blumenstrauss mit 1 Meter Durchmesser und 2 Metern Höhe auf einem endlos verzierten Marmortisch im Eingangsbereich… so etwas macht was mit einem. Ich liebe Überfluss und fühle mich fast ein bisschen schlecht, das zu sagen, aber vielleicht ist es gerade das Sündhafte, was mir daran gefällt.

Besonders was die sündhafte Umgebung angeht. Galerie LaFayette (die Delikatessenabteilung im Untergeschoss und die Dessousabteilung oben sind wahnsinnig inspirierend), mein Lieblingsschokoladenhaus Rausch (die besten Pralinen!) oder den Büchertempel Dussmann, und natürlich das Konzerthaus. Jedenfalls gibt es schlimmere Arbeitsorte. Hoffen wir mal, dass es niemals Sperrbezirk wird.

Mittlerweile schwebe ich in jedes Hotel als wär ich die Tochter des Hotelchefs, euch Kerle erkenne ich aus hundert Metern Entfernung, ihr mich meistens genauso, wenn ich nicht weiß, wo die Bar ist frage ich. Herrgott nochmal ich will einfach einen guten Drink und wenn ein Stewart auf die Idee kommt mich zu fragen, ob er mir weiterhelfen kann, dann geb ich ihm eine superschicke Visitenkarte von Heteara und sag ihm, er kann mich gern weiter empfehlen, schließlich arbeitet er ja an der Quelle.

Immer wenn ich an einem der Hotels vorbeifahre, muss ich schmunzeln. Manchmal schaue ich in den Eingangsbereich und finde es nach wie vor wunderschön und geheimnisvoll. Vielleicht haben das alle Highclass Hotels so an sich, für mich leuchtet das Regent aber in einem ganz speziellen, magischen Licht.

 

 

 

 

Lola im Regent