Der Selbstbetrug der Monogamie beginnt mit der Playlist der Hochzeitsparty
Mika Salaí äußert gewisse Bedenken angesichts der Musikauswahl tanzender Brautpaare
Eins meiner Lieblingsklischees über heterosexuelle Ehen ist deren kulturell gewachsene Praxis, den Song Stay with Me von Sam Smith auf ihrer Hochzeit zu spielen. Sie werfen damit so viele Fragen für mich auf und ich wundere mich, ob sie eingeweiht sind. Ist ihnen die dahinter liegende Bedeutung klar? Lachen sie dem Teufel schier ins Gesicht? Bezeuge ich ihre Kühnheit oder gar eine Täuschung?
Sind sie sich bewusst, dass sie ihren ersten Tanz als institutionelle Einheit zu einem Liedtext vorführen, dessen Zeilen unter anderem This ain’t love, it’s clear to see besingen?
Und ich gehe davon aus, dass, wenn mensch nur bei den ersten Zeilen zuhört, es durchaus nach einer Liebesgeschichte klingen mag, die wir alle irgendwie und irgendwo mal gelernt haben zu lieben.
Guess it′s true, I’m not good at a one-night stand
But I still need love ′cause I’m just a man
…liest sich doch, wie die Blaupause der meisten romantischen Komödien.
Und wenn du dich auch nur im geringsten, mit diesem Narrativ und der konstruierten Symbolik von Liebe identifizieren kannst, vermute ich, dass du vielleicht sogar etwas träumerisch werden könntest, auf drei und vier;
These nights never seem to go to plan
I don’t want you to leave, will you hold my hand?
Haben wir das nicht alle mal auf die eine oder andere Art gefühlt?
In Nächten, die zunächst unscheinbar erschienen und auf die wir uns beinahe bedeutungslos zubewegten. Welche uns dann unerwartet und rasch entglitten, im Guten, wie im Schlechten.
Bei Menschen, denen wir nah sein wollten, deren sanfte Berührung sich bereits anfühlt wie eine innige Umarmung. Deren hauchzarte Fingerspitzen deine Haut streicheln und damit mühelos bis in die tiefste, emotionalste Schicht deines Gewebes eindringen konnten.
And deep down, I know this never works
But you could lay with me, so it doesn’t hurt
Ich mag Verständnis für das Verlangen nach Intimität und Verbundenheit haben, und selbst für die schwindende Hoffnung, emotionale Wunden mit den physischen Körpern anderer Menschen abdecken zu können. Zumindest innerhalb des Kontextes, in dem das Lied geschrieben wurde – eines One-Night-Stands.
Doch wende ich die gleiche Sentimentalität bei der Person an, mit der ich gelobe den Rest unseres Lebens zu verbringen, kann ich bereits die Glocken hören und es fällt mir schwer, sie zu ignorieren. Denn sie singen ein Lied von Vermeidung und emotionaler Abhängigkeit.
Vielleicht hoffe ich nur für deinen Mut statt deiner Selbsttäuschung. Ich würde lieber deinen Triumph und dein Versagen zelebrieren, als Teil einer Performance zu sein, die dich betrügt.
Obwohl ich die konstruierte Binarität von Geschlechtern ablehne, unterstütze ich heterosexuelle Ehen von ganzem Herzen. Ich ermutige insbesondere Frauen, sich derartig und andersartig mit uns Huren zu vergnügen, wie ihre Ehemänner es bereits seit Anbeginn der Zeit tun. Ergötzt euch an den diversen Vergnügen, die die Welt euch vorenthalten will – meine versierten Kolleg*innen und ich nehmen euch dabei gern an die Hand. Hauchzart oder nicht, wir zeigen dir, was diese Fingerspitzen noch so alles können.
Also bitte, bei all den lesbischen Göttern –
Gönn dir jetzt die süßeste Rache von allen!